Die Logistik mit all ihren Vor- und Nachteilen beschäftigt das Zürcher Unterland. So zieht UPS 2020 von Rümlang nach Bülach und schafft so rund 200 Arbeitsplätze in der Region. Ob sie langfristig bestehen und wie stark wertschöpfend sie sind, darüber gehen die Meinungen auch bei Gemeindevertretern auseinander. Auf der anderen Seite sind im sogenannten Speckgürtel von Zürich der Embraport, Bülach Nord und Dielsdorf eine Tatsache.
Offen sprach Philipp Vassalli, CEO Welti-Furrer AG, das Spannungsfeld an: «Unsere Lebensweise mit Online-Einkäufen verlangt nach Logistik und gerade auch nach Feinverteilung. Trotzdem kämpft die Branche mit einem schwierigen Image, sei es bei Ansiedlungen oder beim Besetzen von qualifizierten Stellen.» Vassalli betont aber auch, dass das Unternehmen in Dielsdorf mit offenen Armen empfangen wurde und der Kontakt zu den Behörden sehr gut sei.
Pickwings – Digitalisierung für die Transport-Branche
Marc Bolliger ist «Transpörtler» durch und durch. Nach 20 Jahren in der Branche hat er 2015 das Software-Start-up Pickwings gegründet. «Die heute aus 15 Personen bestehende Crew hat durchaus auch Diesel und viel Power im Blut», meint Marc Bolliger. Vor der Gründung analysierte er die Branche eingehend und stellte fest, dass jeder vierte LKW leer unterwegs ist, die Transportkosten steigen, ein Fahrermangel herrscht, beim Versand von Gütern über 30 Kilogramm noch sehr viel Papier anfällt und keine Transparenz im Markt herrscht. «Mein Fazit: Das teuerste Verkehrsmittel ist praktisch inkognito unterwegs.»
Pickwings verbindet Angebot und Nachfrage auf einer Online-Plattform. Die idealen Transportmöglichkeiten werden in durchschnittlich 54 Sekunden berechnet. Dabei erhalten die gut bewerteten Anbieter eine Priorität. «Wir haben die Qualitätssicherung gewissermassen eingebaut», meint Bolliger. Aber auch die Fahrer haben eine Stimme und können Kunden bewerten. Die digitalen Dokumente gehen in Echtzeit an alle Beteiligten. Kein Hehl macht Bolliger daraus, dass sich das Unternehmen seit dem Markteintritt 2017 verändert hat. Heute gibt es drei Angebote, die sich alle durch die Orientierung am Markt herausgeschält haben. «Wir gehen die Extrameile und sind so auch gegenüber grossen Mitbewerbern konkurrenzfähig. Und die unternehmerischen Herausforderungen? Für Schweizer Firmen ist es praktisch unmöglich, an internationale Investoren zu gelangen. Das heisst, der Break-even muss schneller erreicht werden, das ist Pickwings gelungen. Auf die Frage nach dem Schritt in die EU winkt Bolliger ab. Hingegen will man Schweizer Transporteure in absehbarer Zeit im grenzüberschreitenden Verkehr unterstützen. Und die Auszeichnungen? Für die Bewerbung für einen Preis hat man als Start-up eigentlich gar keine Zeit, aber es hilft. Der Swiss Economic Award 2019 hat viel Sichtbarkeit gebracht.
Welti-Furrer: ein Unternehmen im Wandel
Seit 180 Jahren steht das Unternehmen für Leistungen rund um den Transport von Gütern und Menschen. Dazu gehörten Kranken- genauso wie Schwertransporte, Car- und Schiffsreisen oder Limousinenservice. 1993 wurde das Unternehmen von der Knecht Holding übernommen. Im 2017 bezogenen Neubau in Dielsdorf arbeiten rund 70 Mitarbeitende. Mit dem Fine-Art-Lager wurde in den wachsenden Markt für die Lagerung von Kunst investiert und mit dem vollautomatischen Containerlager in die Digitalisierung und Automatisierung.
Rundum-Service für Kunst bei höchster Sicherheit
Bei der Besichtigung wird klar: Hier ist ein enormes Wissen rund um die Bedürfnisse nach Kunsttransporten und -lagerung vorhanden. In der eigenen Schreinerei wird die den Bedürfnissen und Versicherungsvorschriften entsprechende Verpackung für verschiedenste Kunstobjekte hergestellt. Eine hermetisch geschlossene Stickstoffanlage macht allfälligen Schädlingen von alten Wertgegenständen ganz ohne Chemie den Garaus und im ideal klimatisierten Smart-Storage können Kunstsammler oder Galerien Werke kostengünstig selbst einlagern. Die Anlieferung erfolgt durch separate Sicherheitsschleusen und Speziallifte.
Grösstes vollautomatisches Containerlager Europas
Es ist eindrücklich zu beobachten, wie der grosse Laufkran mit einer Tragfähigkeit von 33 Tonnen einen ganzen Container packt, in schwindelerregende Höhe hievt und dann sanft am richtigen Ort wieder absetzt. «Durch die Einlagerung des ganzen Containers ist alles sicherer und effizienter. So werden auch die Kosten tiefer», meint Geschäftsführer Philipp Vassalli. Auf einer Fläche von 90 auf 25 Metern wurde die Halle mit Spezialboden für bis zu 400 Container erstellt. Die hohen Tonnagen erfordern eine extreme Belastbarkeit und absolute Ebenmässigkeit. Verlangt ein Besitzer nach seinem Gut, verschiebt der computergesteuerte Kran die Container während der Nacht vollkommen selbständig, so dass die richtigen Container am Morgen zum Abtransport bereitstehen.
Beim gemütlichen, von der Firma Welti-Furrer offerierten Grill-Apéro wurde rege diskutiert. Wie an jeder Herbsttagung gab es spannende Eindrücke und gute Gespräche zwischen Vertretern von Behörden und Unternehmern sowie Kunst- und Kulturinteressierten.